Ein Einzelner kann soviel bewegen...
Im Süden Frankreichs lebte ein
Mann, wohl über die 50, dessen einziger Sohn gestorben war, und später auch
seine Frau.
Wofür sollte er noch leben, stellte sich ihm die Frage. So verlässt er seinen
Bauernhof, unten in der fruchtbaren Ebene, und zieht sich in die Einsamkeit
zurück. Hier lebt er mit seinen 50 Schafen und einem Hund. Die wasserlose
Gegend der Cevennen am Südrand der Alpen gleicht einer Steppe. Das nächste Dorf
ist mehr als eine Tagesreise entfernt. Vier oder fünf halbverlassene Dörfer mit
zerfallenen Häusern gibt es in dieser trostlosen Gegend. Die letzten Bewohner
sind Köhler mit ihren Familien.
Wer kann, zieht weg. Der alte Mann erkennt, dass
diese Landschaft gänzlich absterben wird, wenn hier keine Bäume wachsen. So
fasst er einen Entschluss. Er sammelt einen großen Sack voller Eicheln. Mit
großer Sorgfalt prüft er die Samen, scheidet die kleinen und die mit leichten
Rissen aus. Wenn er hundert kräftige Eicheln vor sich hat, legt er sie in einen
Eimer mit Wasser, damit sie sich richtig vollsaugen. Schließlich nimmt er noch
eine Eisenstange mit und zieht los.
Die Schafherde überlässt er in einer grasbewachsenen Mulde der Obhut seines
Hundes. An einer geeigneten Stelle fängt er an, mit der Eisenstange ein Loch zu
graben, legt eine Eichel hinein und drückt es mit Erde zu. So pflanzt er Eichen - Tag für Tag, Woche für
Woche. In drei Jahren sind es
100.000. Er hofft, dass in der Kargheit 10.000 davon
durchkommen werden. Und er hofft, dass ihm selbst noch viele Jahre geschenkt
sein mögen, sodass diese 10.000 Eichen nur wie ein Tropfen im Meer sein werden.
Auch wenn er nicht weiß, wem diese Gegend gehört, so verfolgt er doch
unbeirrbar seine Idee.
Die Veränderung geht so langsam vor sich, dass das Werk dieses Menschen
unbeachtet bleibt - eine Laune der Natur, denken die Jäger und Förster. Die
friedliche und regelmäßige Arbeit in der frischen Höhenluft, seine Genügsamkeit
und Einfachheit schenken dem Greis eine Heiterkeit des Herzens und eine starke
Gesundheit.
Zwischen 1910 und 1945 pflanzt Elzeard
Bouffier, so heißt der einsame Schäfer, hunderttausende Eichen, später Buchen,
Ahorne, Birken, Erlen und Ebereschen.
Als er im Alter von 89 Jahren stirbt, hat er
einen der schönsten Wälder Frankreichs geschaffen.
Schließlich wird der Wald unter Naturschutz gestellt. Was noch geschah:
Jetzt halten unzählige Wurzeln den Regen fest,
saugen das Wasser an, und die ausgetrockneten Bachbeete sind wieder voll.
So wachsen Wiesenblume und Weiden, Insekten und
Vögel kehren zurück.
Selbst in den Dörfern verändert sich vieles. Ruinen werden weggeräumt,
verfallene Mauern abgetragen und neue Häuser gebaut. Junge Familien ziehen ein,
Kinder spielen zwischen duftenden Sträuchern, Gemüse und Blumen wachsen in den
Gärten. Die Leute lachen wieder und haben Freude an den ländlichen Festen. An
die zehntausenden Menschen leben nun in den Dörfern und niemand weiß, wem
dieses Glück zu verdanken ist.
Ein einziger Mensch mit seinen schwachen
Kräften hat genügt, um aus einer Steppe ein Stück „Gelobtes Land“ zu
schaffen.
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